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Der Wahnsinn treibt Blüten – ein Plädoyer für Großzügigkeit

18. Juli 2012 | Archiv | 0 Kommentare

Ich verfolge mit Interesse und Staunen den aktuellen Diskurs in Deutschland zu den Themen Hartz4/ALGII.

Der politische Geschäftsführer einer politisch arbeitenden Gruppe, der man locker 8% bei der nächsten Bundestagswahl zutrauen kann, war Empfänger von ALGII.

Den ALGII Bezug hat Johannes Ponader auch aufgrund des öffentlichen Drucks beendet: „Ich gehe. Mein Rücktritt vom Amt“

Angriffe, Gemeinheiten, Erklärungen, eine rege Debatte… Ein Diskurs ist in Gang gekommen den ich, obgleich oft ohne Diskussionskultur geführt, begrüße weil sichtbar wird wie wir ticken.

Wer ALGII erhält muss dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.

Das ist eine zu erfüllende Vorraussetzung für den Bezug.

Das haben wir politisch so festgelegt.

Ein ehrenamtlicher politischer Geschäftsführer hat zwar viel zu tun, aber kein Einkommen.

Und er steht erkennbar für alle, im vollen Licht der Öffentlichkeit, dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung.

Er arbeitet ja den ganzen Tag.

Auf einer BGE-Veranstaltung in Magdeburg erlebte ich einen älteren Herren, der sich sehr leise zu Wort meldete und uns mitteilte: „Ich zum Beispiel erhalte gar kein Hartz4. Ich falle da raus, weil ich dem Arbeitsmarkt nicht zu Verfügung stehe.

Ich pflege meine Mutter. Es wurde mir von Seiten der Arbeitsagentur geraten meine Mutter in ein Heim zu geben, dann stünde ich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung und könne ALGII beziehen.“

Der Wahnsinn treibt Blüten.

Die Mutter im Heim und der Sohn, nun endlich mit einem existenzsicherndem Einkommen versehen, sitzt zu Hause oder in einer „Maßnahme“ und dreht Däumchen.

Das gleiche wie bei Johannes Ponader:

Selbstbestimmtes Tun anerkennen wir nicht als Arbeit.

Hätte wir uns diese seltsame und asoziale Einstellung schon früher geleistet, wir wären vermutlich nie von den Bäumen runtergeklettert.

Wir hätten als Gruppe nicht überlebt.

Eine Mutter, die nicht gleichzeitig noch erwerbsarbeitet ?

– Bekommt sowenig Essen wie möglich. Die Kinder auch.

Pfleger und Begleiter eines älteren Menschen?

– Wird auf Diät gesetzt. Am besten Beide.

Sänger, Maler, Künstler, freiwillige Feuerwehr, Kinderbegleiter, all die ehrenamtlichen Fussballtrainer und ähnlich großartige soziale Initiativen…

– Unnützer Kram.

……

Wie lange wollen wir noch so miteinander umgehen?

Wäre sehr wenig vorhanden, aufgrund von Missernten oder sonstigen Schicksalsschlägen, wäre doch jedem klar, dass wir das was da ist teilen werden. Das jeder die Einbußen mittragen muss.

Haben wir heute Mangel an Gütern und/oder an Menschen die Dienstleistungen erbringen wollen ?

Müssen wir Mangel verwalten und so bei jedem von uns den Gürtel so eng schnallen wie möglich?

Oder ist Geiz mittlerweile geil an sich?

Entsteht Mangel womöglich aus Geiz?

Ensteht Fülle dann aus Großzügigkeit?

Ich bin erstaunt, bis an die Grenze zur Fassungslosigkeit, warum wir es verlernt haben den Mitmenschen zu fragen:

Was brauchst du?

Erstaunt, dass wir nicht selbstverständlich und mit Freude dafür sorgen, uns selbst und allen anderen gleichermaßen, ein freies und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.

Seien wir großzügig mit uns.

Das Bedingungslose Grundeinkommen ist die gesellschaftspolitische Ausprägung dieser liebevollen Haltung zueinander.

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